Der Journalist Jan Fleischhauer legt in seinem Buch „Unter Linken“ dar, dass Rousseau bereits ein wichtiger Wegbereiter für die Linke Bewegung war. Durch seine Philosophie, dass der Mensch von Natur aus gut ist, hat er den Grundstein für die Bewegung gelegt. Das Ziel der Linken ist es auf dieser Grundlage, das Paradies auf Erden zu errichten:
Erst die Annahme, dass die Moral in den Menschen begründet ist, ermöglicht demgegenüber den Traum von einer besseren Welt. Mehr noch, mit Rousseau scheint plötzlich denkbar, dass man diese Welt selber herbeiführt. Die Ankunft des Paradieses auf Erden ist nicht länger von göttlichem Willen abhängig, sie liegt auf einmal in Menschenhand. Denn das ist der große Gedanke des Franzosen: Wenn die Unvollkommenheit des Erdenbewohners nicht angeboren ist, sondern sozial bedingt, durch falsche gesellschaftliche Verhältnisse, eine falsche Erziehung, ein falsches Bewusstsein, dann kann der Mensch durch richtige Politik auch wieder werden, was er eigentlich ist: ein vollkommenes Wesen.
Fleischhauer, Unter Linken: Von einem, der aus versehen konservativ wurde, S. 64.
Das ist das Ergebnis einer Bewegung, die Gott komplett ausgeklammert hat. Da es in der zukünftigen Welt kein Paradies gibt, muss das Paradies auf die Erde geholt werden. Das Glück liegt nun in Menschenhand. Die Menschen sind dazu verdammt, ihr eigenes Heil zu schaffen und aus eigener Kraft vollkommen zu werden. Und damit werden sie kläglich scheitern.