Geistlicher Missbrauch (2)

Einen weiteren Fall von geistlichen Missbrauch erlebt Jane von ihrem Vetter St. John. Er macht ihr einen Heiratsantrag und möchte sie gerne als Ehefrau mit auf das Missionsfeld nach Indien nehmen. Jane lehnt ab und bietet an, als Gefährtin mitzugehen. Dies wiederum kommt für St. John überhaupt nicht in Frage. Das Gespräch endet mit folgenden Worten:

»Vergeben Sie mir die Worte, St. John; aber es ist Ihre eigene Schuld, dass ich mich hinreißen ließ, so unüberlegt zu sprechen. Sie haben einen Gegenstand zur Sprache gebracht, über den wir unseren verschiedenen Naturen nach ganz verschieden denken, – einen Gegenstand, den wir beide niemals diskutieren sollten. Der bloße Name der Liebe wird schon zum Zankapfel zwischen uns – was würden wir tun, wo die Wirklichkeit notwendig wäre? Wie würde uns ums Herz sein? Mein teurer Vetter, geben Sie Ihren Heiratsplan auf – vergessen Sie ihn!«

»Nein,« entgegnete er, »es ist ein lange gehegter Plan, und der einzige, der mir mein großes Ziel sichern kann, aber für den Augenblick will ich nicht weiter in dich dringen. Morgen reise ich nach Cambridge, Ich habe dort viele Freunde, denen ich Lebewohl sagen möchte. Ungefähr vierzehn Tage werde ich vom Hause abwesend sein – überlege dir meinen Vorschlag während dieses Zeitraums; und vergiss nicht, wenn du ihn zurückweisest, so verleugnest du nicht mich, sondern Gott. Ich bin nur das Werkzeug, durch welches er dir eine edle Lebenslaufbahn eröffnet; aber nur als meine Gattin kannst du ihn betreten. Weigerst du dich, mein Weib zu werden, so beschränkst du dich selbst für alle Zeit auf einen Pfad voll selbstsüchtiger Bequemlichkeit und öder Dunkelheit. Zittere! denn in solchem Falle zählst du zu denen, die den Glauben verleugnet haben und schlimmer sind als die Ungläubigen

Jetzt war er zu Ende.

Bronte, Jayne Eyre, die Waise von Lowood, Zweiter Teil: Vierzehntes Kapitel, 1:00:53.

PS: Evangelium21 hat letzte Woche einen Artikel veröffentlicht, der eine gute Definition für geistlichen Missbrauch enthält.