Mose, der Anführer (6)

Und Mose erwählte tüchtige Männer aus ganz Israel und machte sie zu Häuptern über das Volk, zu Obersten über tausend, über hundert, über fünfzig und über zehn, damit sie dem Volk allezeit Recht sprechen sollten; die schweren Sachen brachten sie vor Mose, die geringen Sachen aber richteten sie selbst.


2. Mose 18,25-26

Ich kann mich noch gut an einige Situationen während meiner Ausbildungszeit erinnern. Ich war mit Kollegen unterwegs, die mir bestimmte Tätigkeiten erklärten und zeigten. Nach kurzer Zeit brannte ich darauf, es nun selbst zu versuchen. Allerdings kam es immer wieder vor, dass ich nur Zuschauer blieb und nicht selbst Hand anlegen durfte. Vielleicht traute mir der Kollege die Aufgabe noch nicht zu oder hatte andere Gründe. Es ist nicht einfach Aufgaben an andere zu übergeben, doch genau dies sollte eine Führungsperson können. Darüber und über das Erkennen von fähigen Leuten möchte ich in diesem Beitrag nachdenken.

Mose schaut sich hier im Volk nach tüchtigen Männern um und erwählt sie als Richter. Hier war von Mose die Kompetenz gefragt, Männer zu erkennen, die eine solche Aufgabe ausführen können. Das ist keine einfache Angelegenheit. Häufig genug scheitern hier Führungskräfte. Sie setzen bspw. einen Nachfolger für ihre eigene Position ein oder besetzen eine Stelle neu und der Betreffende stellte sich als der Aufgabe nicht gewachsen heraus. Eine genaue Beobachtungsgabe ist hier von Nöten, um Männer mit den entsprechenden Fähigkeiten oder Potenzialen zu erkennen. Keiner von den Männern, die Mose erwählt, führten diese Aufgabe vorher aus. Ihr Aufgabenbereich wurde mit ihrer Ernennung erst geschaffen. Mose hatte also keine Möglichkeit, sie beim Richten zu beobachten und danach seine Wahl zu treffen. Er erhält allerdings von Jethro wertvolle Hilfestellung für die Auswahl. Die Männer sollen folgende Eigenschaften mitbringen: Sie sollen tüchtig, gottesfürchtig, wahrheitsliebend und dem ungerechten Gewinn feind sein. Die genannten Merkmale erleichtern Mose sicherlich das Auswählen der passenden Leute, sie entbinden ihn allerdings nicht davon, zu beurteilen, wer diese Eigenschaften tatsächlich mitbringt. Er muss das Verhalten der Männer beobachten und richtig einordnen. Wer versuchte nach außen nur ein gutes Bild zu präsentieren, wer ist wirklich echt? Das ist keine einfache Aufgabe, für einen Anführer allerdings eine äußerst wichtige. Seine Personalentscheidungen haben weitreichende Folgen.

Ein Führer ist also in der Lage, zu erkennen, wer für welche Aufgabe geeignet ist. Die geeignete Auswahl ist allerdings nur der erste Schritt. Im zweiten Schritt geht es dann darum, an diese Leute die Aufgaben auch zu delegieren. Das bedeutet, dass die Führungsperson von ihren Aufgaben abgibt und sie dem anderen überträgt. Das hört sich leichter an, als es ist. Es gibt genügend Führungskräfte, die dies nicht schaffen. Sie wollen dermaßen die Kontrolle über alles behalten, dass sie nicht richtig loslassen können. Sie mischen sich ständig in die Aufgaben ihrer Leute ein, obwohl sie ihnen die Aufgabe eigentlich übergeben haben. Sie sind Kontrollfreaks. Sie meinen, dass sie die Kontrolle verlieren, wenn sie anderen einen gewissen Handlungs- und Entscheidungsspielraum überlassen. Damit tun sie sich allerdings selbst keinen Gefallen und auch dem nicht, dem die Aufgabe übertragen wurde. Sie selbst werden nicht wirklich entlastet und der Mitarbeiter kann sich auch nicht richtig entfalten. Gute Leiter haben es gelernt, zu delegieren. Sie haben das große Ganze im Blick. Sie übergeben Aufgaben und geben den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich zu entfalten und zu entwickeln. Dadurch erhalten sie mehr Möglichkeiten, sich mit anderen wichtigen Aufgaben zu beschäftigen. Echte Führung bedeutet delegieren und nicht konzentrieren!

Genau so löst es Mose nach dem Rat Jethros. Die einfachen Fälle werden von den Männern selbst gelöst. Sie bekommen dadurch die Möglichkeit, an ihren Aufgaben zu wachsen. Nur die schwierigen Fälle kommen zu Mose. So wird Mose auf der einen Seite entlastet und auf der anderen entwickeln sich die Männer durch ihre neue Verantwortung weiter.

Zusammenfassend kann also gesagt werden: Gute Anführer sind in der Lage die Fähigkeiten und das Potenzial bei anderen Menschen zu erkennen. Sie haben ihre Beobachtungssinne geschärft und können Menschen einschätzen. Darüber hinaus sind sie in der Lage Aufgaben zu delegieren. Um einerseits anderen eine Entwicklung zu ermöglichen und andererseits auch wertvolle Fähigkeiten zu nutzen, die der Leiter selbst nicht besitzt. Solche Führer werden heute gesucht.