Mose, der Anführer (1)

Es geschah aber zu der Zeit, als Mose erwachsen geworden war, da ging er hinaus zu seinen Brüdern und sah ihre Lasten; und er sah, dass ein Ägypter einen Hebräer schlug, einen seiner Brüder. Da schaute er sich nach allen Seiten um, und als er sah, dass kein Mensch anwesend war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sand. Am zweiten Tag ging er auch hinaus, und siehe, zwei hebräische Männer stritten miteinander, und er sprach zu dem Schuldigen: Warum schlägst du deinen Nächsten? Er aber sprach: Wer hat dich zum Obersten und Richter über uns gesetzt?


2. Mose 2,11-14

Mose war ein Anführer. Das wird direkt am Anfang des zweiten Buches Mose deutlich. In diesem Abschnitt zeigen sich bereits einige Eigenschaften, die eine Führungskraft ausmachen. Auch wenn das Verhalten Moses in dieser Situation alles andere als vorbildlich ist, fallen nüchtern betrachtet einige Leitungsqualitäten auf.

Initiative

Zum einen ergreift Mose hier die Initiative. Das, was Mose gesehen hat, war eine Szene, die im Ägypten der damaligen Zeit wahrscheinlich jeden Tag zu sehen war. Viele Hebräer hatten zugesehen, wie Ägypter ihre Brüder schlugen und nichts unternommen. Mose sieht die Misshandlung des Hebräers und schreitet ein. Er sieht nicht wie alle anderen passiv zu, sondern wird aktiv. Auch in der zweiten Szene wird dies deutlich. Zwei Hebräer streiten und auch da bleibt Mose kein passiver Zuschauer. Genau das zeichnet einen Führer aus, er ergreift die Initiative. Natürlich hat Mose falsch gehandelt, als er den Ägypter erschlug, es war eine unüberlegte und sündige Handlung. Seine Tat ist ganz klar zu verurteilen. Mir geht es nur darum, aufzuzeigen, dass diese Situation bereits Hinweise enthält, die in Mose eine Führungspersönlichkeit erkennen lassen.

Entscheidungen treffen

Weiter fällt auf, dass Mose nicht lange fackelt und schnell eine Entscheidung trifft. Er muss nicht erst zwei Stunden darüber nachdenken, sondern ist voller Tatendrang und sofort zur Stelle. Mose hat hier eindeutig die falsche Entscheidung getroffen und hätte vorher lieber länger überlegen sollen. Losgelöst von der Situation Moses betrachtet ist aber genau das einer der Qualitäten eines Anführers. Er kann, wenn es sein muss, sehr schnell eine Entscheidung treffen und entschlossen handeln. Es gibt Momente wo dies einfach notwendig ist und genau dort wird sein Entschluss dann auch bald feststehen. Ein Mensch, der lange braucht, um zu einem Ergebnis zu kommen, wäre in solch einer Situation fehl am Platz.

Ein guter Führer wird allerdings nicht jede Entscheidung schnell treffen, sondern sich je nach Situation ausreichend Zeit lassen und abwägen. Dies trifft auf Entscheidungen mit großer Tragweite und weitreichenden Folgen zu. Genau hier hat Mose in dieser Begebenheit versagt und musste erst mal für 40 Jahre in die Wüste.

Helfen

Mose wollte in dieser Situation seinem Volk helfen. Den Geschlagenen wollte er vor weiteren Schlägen schützen und einen Streit schlichten. Er war kein Mann, der einfach passiv zuschaute, sondern der couragiert war. Man kann viele Menschen antreffen, die einfach wegschauen oder vorbeigehen, wenn jemandem Leid zugefügt wird oder Unrecht geschieht. Mose war nicht von dieser Art. Er sah Leid und Ungerechtigkeit und kam sofort zur Hilfe. Genau so handeln gute Anführer. Sie setzen sich für ihre Leute ein, sie unterstützen sie und helfen ihnen. Sie haben ein offenes Auge und Ohr für ihre Not und zeigen Interesse. Diese Führer scheuen sich nicht vor schwierigen Situationen und unangenehmen Lagen, sie sind bereit, zu helfen.

Moses Problem

Mose bringt hier also ohne Frage einige Eigenschaften mit, die einen guten Anführer auszeichnen. Doch es gibt ein Problem. Der hebräische Mann bringt dies auf den Punkt: „Wer hat dich zum Obersten und Richter über uns gesetzt?“ Mose handelt hier eigenmächtig und wurde zu diesem Zeitpunkt nicht von Gott als Führer des Volkes eingesetzt. Er fragte nicht nach Gottes Willen und ging seinen eigenen Weg. Mose wollte mit der Brechstange durch die Wand. Er hatte in diesem Moment keine Geduld und wollte schnelle Hilfe leisten. Das Ergebnis war ein Desaster. Er ermordete einen Menschen. Damit schoss er weit über das Ziel hinaus und hatte versagt.

Dieses Problem ist bei Führungspersonen immer wieder zu beobachten. Sie wollen auf Biegen und Brechen bestimmte Ziele erreichen. Ihnen sind fast alle Mittel recht. Sie missbrauchen ihre Macht, sie manipulieren, sie nutzen Menschen aus, um zum Ziel zu gelangen. Im Ergebnis entsteht dann Leid und Schmerz. Bei solchen Leitern bleiben Menschen mit Wunden und unglücklich zurück. Letztlich handelt es sich hier um Führer, die für einen Führungsposten ungeeignet sind.

Deshalb konnte Mose zu dem Zeitpunkt auch nicht zum Führer des Volkes Israel werden, Gott musste ihn erst in seine Schule nehmen. Diese Schule besuchte er 40 Jahre lang in der Wüste. Das Ergebnis war eine bleibende und fruchtbare Veränderung des Charakters Mose und die Befähigung, das Volk Israel zu führen. Dies möchte ich in weiteren Artikeln beleuchten, die noch folgen sollen.