Umgang mit theologischen Systemen

Wolfgang Nestvogel führte 2016 am EBTC ein kirchengeschichtliches Seminar mit dem Titel „Die Bedeutung der Reformation für die Evangelikalen“ durch. In einer Frage-Antwort-Runde am Ende eines Themenblocks wurde ihm eine Frage zum Umgang mit theologischen Lehrsystemen gestellt. Ich fand die Antwort Nestvogels auf diese interessante Frage hilfreich und gebe sie hier zusammengefasst wieder. Ergänzungen von mir sind kursiv wiedergegeben.

Frage:

Man wird als Christ immer wieder mit unterschiedlichen theologischen Lehrsystemen konfrontiert. Wie kann man diese richtig einordnen und bewerten?

Nestvogels Antwort:

1. Schritt: Ich muss verstehen, worum es in dem System geht. Ich muss gründlich und sauber recherchieren und die zentrale Argumentation nachvollziehen.

2. Schritt: Ich muss einschätzen, welches Gewicht das System hat. Gehört es zum Kernbestand des christlichen Glaubens? Die Lehre über Gott, über das Erlösungswerk und über das Wort Gottes sind bspw. Kernthemen, die zentrale Bedeutung haben. Der Zeitpunkt der Entrückung oder die Fragen der Endzeit generell haben keine solch hohe Gewichtung.

3. Schritt: Nun muss ich herausfinden, was die Schrift wirklich lehrt. Ich vergleiche das System also mit der Heiligen Schrift. Ist das System gesamtbiblisch betrachtet tragfähig?

Einige Bemerkungen meinerseits dazu:

– Ich mache es mir zu einfach, wenn ich mich mit der Lehre nicht ausreichend auseinander gesetzt habe. Einige aufschnappte Argumente reichen nicht aus, um die Lehre ernsthaft bewerten zu können.

– Sowohl für Schritt 2, als auch für Schritt 3 ist die Kenntnis der Schrift unerlässlich. Im Fach Hermeneutik blieb mir folgender Satz hängen: Ohne Bibelkenntnis kein Bibelverständnis!

– Ich beobachte immer wieder, wie Vertreter bestimmter Systeme Bibelstellen zurechtbiegen müssen, damit sie in ihr Lehrsystem passen. An solchen Stellen gilt es näher hinzusehen.