Luther und das Wort Gottes

Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelserie über Luthers Invokavitpredigten.

Während Luther sich noch als Junker Jörg auf der Wartburg aufhielt, fand in Wittenberg ein sogenannter Bildersturm statt. Unter dem Einfluss Karlstadts wurde in Wittenberg Anfang 1522 sowohl die Messe abgeschafft, als auch Bilder aus den Kirchen entfernt bzw. zerstört. Wittenberg wurde aus Sicht Karlstadts von diesem Götzendienst befreit. Martin Luther machte sich über die radikalisierenden Kräfte in Wittenberg Sorgen, verließ daher die Wartburg und kehrte nach Wittenberg zurück. In Folge der Ereignisse hielt er dann 8 Predigten, die als Invokavitpredigten (Sie heißen so, weil Luther am Sonntag Invokavit mit seiner ersten Predigt begann) in die Geschichte eingegangen sind und die Beruhigung der Situation zum Ziel hatten. Luther erkannte, dass man auch von der anderen Seite vom Pferd fallen konnte, indem man alles Katholische radikal und ohne Rücksicht auf Verluste abschnitt. Er setzte sich natürlich für Reformen ein, doch sollte dies nicht mit Gewalt erfolgen und auf Kosten der Schwachen geschehen.

Wie sollten die Veränderungen dann herbeigeführt werden, wenn Gewalt für Luther keine Option war? In der zweiten Invokavitpredigt sagte er folgendes:

Darum erfordert es die Liebe, daß du Mitleid hast mit dem Schwachen. So haben’s alle Apostel getan: Paulus, als er einstmals nach Athen kam, Apostelgeschichte 17, in eine mächtige Stadt, da fand er im Tempel gebaute, alte Altäre. Da ging er von einem zum andern und besah sie alle, aber er rührte keinen auch nur mit einem Fuß an, sondern trat mitten auf den Platz und sagte, daß es lauter abgöttische Dinge wären, bat sie, sie sollten davon lassen, riß aber keinen von ihnen mit Gewalt ab. Als das Wort ihre Herzen faßte, da fielen sie selber ab, danach zerfiel die Sache von selbst. Ebenso: Wenn ich gesehen hätte, daß sie Messe gehalten hätten, dann hätte ich predigen und sie vermahnen wollen. Hätten sie sich daran gekehrt, so hätte ich sie gewonnen, wenn aber nicht, so hätte ich sie dennoch nicht an den Haaren und mit Gewalt davon weggerissen, sondern das Wort handeln lassen und für sie gebetet. Denn das Wort hat Himmel und Erde geschaffen und alle Dinge, das muß es tun und nicht wir armen Sünder.

Summa summarum: Predigen will ich’s, sagen will ich’s, schreiben will ich’s. Aber zwingen, mit Gewalt dringen will ich niemanden, denn der Glaube will willig, ungenötigt angenommen werden. Nehmt ein Beispiel an mir. Ich bin dem Ablaß und allen Papisten entgegengetreten, aber mit keiner Gewalt; ich habe allein Gottes Wort getrieben, gepredigt und geschrieben, sonst hab ich nichts getan. Das hat, wenn ich geschlafen habe, wenn ich Wittenbergisch Bier mit meinem Philipp Melanchthon und mit Amsdorf getrunken habe, soviel getan, daß das Papsttum so schwach geworden ist, daß ihm noch nie ein Fürst oder Kaiser soviel Abbruch getan hat. Ich hab nichts getan, das Wort hat es alles bewirkt und ausgerichtet.


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Luthers Schriftverständnis ist bemerkenswert. Er glaubte, dass Gottes Wort eine große Kraft hat und die Herzen der Menschen verändern kann. Nicht er war der große Held, sondern das Wort. Vom Wort hat er alles erwartet. Deshalb war es ihm auch so wichtig das Wort zu predigen, zu sagen und zu schreiben. Das ist ein genuin biblisches Verständnis und muss auch heute betont werden. Es gilt das Wort zu verkünden, es zu entfalten und groß zu machen. Im Wort Gottes liegt eine große Kraft!