Ein Wesenszug der Sünde ist, dass sie sich im Leben des Menschen zerstörerisch auswirkt. Sie zerstört Beziehungen, die Gesundheit, das klare Denken usw. Als ich mir den Kurzroman „Der Spieler“ von Dostojewski anhörte, musste ich daran denken. Die Haupthandlung spielt in der Stadt mit dem passenden Namen Roulettenburg. Mehrere Personen, die in dem Buch auftauchen, sind entweder dem Spiel bereits verfallen oder geraten im Verlaufe der Geschichte in ihren Bann. Alexej Iwanowitsch ist die Hauptfigur der Erzählung und gerade er kann sich mit der Zeit immer weniger dem Sog des Roulettespiels entziehen. Seine Spielsucht führt dazu, dass er seine Stellung verliert, seine Liebe vergisst und am Ende komplett mittellos dasteht und auch charakterlich zugrunde gerichtet ist.
Am Ende des Romans zeigt Dostojewski sehr eindrücklich den Zustand Alexejs und die Auswirkung der Spielsucht auf sein Leben. Er trifft Mr. Astley und erfährt von ihm, dass Polina (in die er früher sehr verliebt war) ihn immer noch liebt. Diese Mitteilung lässt ihn allerdings kalt. Seine Spielsucht hat die Oberhand gewonnen. Zum Schluss gibt ihm Mr. Astley noch zehn Louisdor. Nachdem sie sich von einander verabschiedet haben, führt Alexej ein Selbstgespräch, welches seinen Zustand gut auf den Punkt bringt:
Die Hauptsache ist für mich jetzt die Schweiz! Morgen – o wenn ich gleich morgen hinfahren könnte! Ich will von neuem geboren werden, ich will auferstehen. Ich muß ihnen beweisen … Polina soll sehen, daß ich noch imstande bin ein Mensch zu sein. Ich brauche ja nur … Jetzt ist es freilich schon zu spät, aber morgen … Oh, ich habe ein Vorgefühl, und es muß, es muß so kommen! Ich habe jetzt zehn Louisdor und fünfzig Gulden, zusammen fünfzehn Louisdor, und ich habe früher schon mit fünfzehn Gulden angefangen zu spielen. Wenn man am Anfang vorsichtig ist … Aber bin ich denn wirklich ein so kleines Kind? Begreife ich denn nicht, daß ich ein verlorener Mensch bin? Aber doch … warum sollte ich nicht auferstehen können? Ja! Ich brauche nur ein einziges Mal im Leben ein guter Rechner zu sein und Geduld zu haben; das ist alles! Ich brauche mich nur ein einziges Mal charakterfest zu zeigen, und in einer Stunde kann ich mein Schicksal völlig umändern! Die Hauptsache ist Charakterfestigkeit. […] Morgen, morgen wird alles zum guten Ende kommen!
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