Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelserie über Luthers Invokavitpredigten.
In Wittenberg hatte der sogenannte Bildersturm unter der Führung Karlstadts stattgefunden. Aus den Kirchen wurden alle Bilder entfernt und zerstört, da sie von Karlstadt und seinen Anhängern als Götzenbilder wahrgenommen wurden. In seiner vierten Invokavitpredigt spricht Luther über diese gewaltsame Abschaffung der Bilder, und kritisiert diese (in der dritten Predigt war dies schon Gegenstand der Ausführungen). Das Vorgehen der Bilderstürmer führte am Ziel vorbei. Luther zeigte auf, dass an einer ganz anderen Stelle angesetzt werden muss:
Deshalb müssen wir uns gut vorsehen, denn der Teufel versucht uns aufs allerlistigste und -spitzigste durch seine Apostel. Obwohl es nun wahr ist, man es auch nicht leugnen kann, daß die Bilder böse seien wegen ihres Mißbrauchs, so haben wir sie dennoch nicht zu verwerfen und zu tadeln, weil man sie mißbraucht. Denn so würden wir ein feines Spiel anrichten. Gott hat 5.Mose 4,19 geboten: »Wir sollen unsere Augen nicht aufheben gegen die Sonne« usw., daß wir sie nicht anbeten, denn sie ist geschaffen zum Dienst allen Völkern. Nun gibt es viele Menschen, die Sonne und Sterne anbeten. Wollen wir deshalb zufahren und die Sonne und Gestirne vom Himmel werfen? Wir werden’s unterlassen. Weiter: Der Wein und die Weiber bringen manchen in Jammer und machen ihn zu einem Narren. Wollen wir deshalb alle Weiber töten und allen Wein verschütten? Weiter: Gold und Silber stiften viel Böses, wollen wir es deshalb tadeln? Ja, wenn wir unsern ärgsten Feind vertreiben wollten, der uns am allerschädlichsten ist, so müßten wir uns selber töten, denn wir haben keinen schädlicheren Feind als unser Herz, wie der Prophet Jeremia sagt: »Das Menschenherz ist ein trotzig und verzagt Ding« (17,9), oder wie ich es nennen würde: das immer zur Seite ausweicht und so weiter; was würden wir ausrichten?
https://jochenteuffel.com/2022/03/09/martin-luthers-vierte-invokavitpredigt-am-mittwoch-12-marz-1522-gegenuber-solchen-gutherzigen-menschen-mussen-wir-uns-ganz-anders-verhalten-als-gegenuber-den-halsstarrigen-mit-jenen-sollen/
Kürzlich dachte ich über Menschengebote nach. Luther beschreibt hier gut, warum Menschengebote zu kurz greifen. Sie behandeln äußere Probleme, aber dringen nicht zum Kernproblem vor. Sie werden ständig dafür eingesetzt, um Feuer zu löschen, aber der Brandstifter läuft frei umher. Das Herz sucht sich ständig einen neuen Götzen, vor dem es sich niederknien kann. Menschengebote können das Herz nicht verändern. Dabei muss aber genau an dieser Stelle angesetzt werden, wenn eine nachhaltige Veränderung stattfinden soll. Es ist wenig sinnvoll an den Früchten herumzudoktern, wenn die Wurzel krank ist.
Jesus sagte einst zu seinen Jüngern:
Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen. Das ist’s, was den Menschen verunreinigt! Aber mit ungewaschenen Händen essen, das verunreinigt den Menschen nicht. Mt. 15,19-20
Das Herz ist die Quelle der Sünde, dort nimmt sie ihren Ursprung. Das was aus dem Inneren kommt, das verunreinigt den Menschen. Die Pharisäer waren da komplett auf dem Holzweg. Sie lehrten nämlich, dass etwas Äußerliches (ungewaschene Hände) den Menschen verunreinigen würde. So kämpften sie an dieser Front und versuchten die Menschen davon zu überzeugen, bestimmte Gebote einzuhalten. Jesus zeigt ihnen auf, dass der Kampf an einer ganz anderen Stelle geführt werden muss, nämlich im Inneren, im Herzen. Das ist, mit den Worten Luthers gesprochen, der schädlichste Feind des Menschen.
Eine Herzensveränderung ist also nötig. Und genau da setzt Gott an:
Und ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres legen; ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben Hes. 36,26
Gott führt nun am „alten“ Herzen keine Generalüberholung durch. Er gibt ein neues Herz. Er tauscht das steinerne Herz gegen ein fleischernes Herz aus. Das ist Gottes Werk und Wirken. Mit diesem neuen Herzen befähigt Gott Menschen, ein neues Leben zu führen. Ein Leben zur Ehre Gottes.
Gott packt das Problem an der Wurzel. Er beginnt den Veränderungsprozess am Herzen, sodass die Veränderung von innen nach außen verläuft. Das ist die gute Botschaft: Ich muss mit meinem schädlichsten Feind nicht fertig werden, Gott wird damit fertig.