Paul White erzählt in „Nilpferd-Geschichten“ von einer unnützen Art, anderen helfen zu wollen:
Vor ihnen sah man einen großen Schatten. Mit einem Satz landete Dic-Dic mitten darin. Eine Wolke trockenen Grases und Blätter schlug ihr ins Gesicht, und sie fiel den Kopf voran in ein dunkles, tiefes Loch. Als sie sich vom ersten Schreck etwas erholt hatte, sah sie rund um sich herum Erde, und weit über sich entdeckte sie ein Stück blauen Himmel. Sie versuchte, die Wände hochzuklettern, aber sie waren zu steil. Dann versuchte sie, aus dem Loch zu springen, doch die feuchte Erde hinderte sie daran. Sie schlug wild um sich, aber auch das half nichts. Sie war gefangen. Ihre einzige Hoffnung bestand in dem kleinen Lichtstrahl über ihr, aber plötzlich war auch der weg und es war ganz dunkel.
Sie schaute entsetzt nach oben und sah zwei runde Schatten, die sich langsam über die Öffnung bewegten. Sie drückte sich in eine Ecke und wagte kaum mehr zu atmen. Ihr Herz stand beinahe still, als von oben plötzlich eine tiefe Stimme zu hören war:
»Hm, Dic-Dic, bist du da unten?« Die Antilope atmete erleichtert auf. »Boohoo! Es tut mir leid …« »Schon gut, Dic-Dic. Ich wollte dir nur eine Lehre erteilen. Aber ich hätte nie gedacht, dass du in diese Falle gehen würdest. Hm – warte einen Augenblick.« Dann wurde es über Dic-Dic wieder hell, und sie hörte, wie Boohoo zu Kifaru, dem Nashorn, sagte: »Die Antilope ist in diese Falle hier geraten.« »Kleines dummes Tier!«, grunzte Kifaru.»Sollte eigentlich etwas klüger sein. Sie müsste ja doch schauen, wohin sie tritt. Sag ihr, sie solle in Zukunft besser aufpassen und ganz schnell da her auskommen. Ich habe heute im ganzen Dschungel Fußspuren vom Jäger entdeckt. Wenn er hierhin kommt, wird es das Ende dessen sein, der dann da unten liegt.« »Oh, nein … ich meine, ja«, stimmte Boohoo zu. »Dic-Dic, Kifaru sagt, du sollst in Zukunft besser auf dich aufpassen. Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde mir ein paar Regeln für dich ausdenken, damit du zukünftig nicht mehr in die Fallen gehst. Nun, Punkt eins …« »Ich bin aber in dieser Falle!«, schrie Dic-Dic. »Es ist schrecklich hier unten. Hier sind Dinge, die …« »Sicher Schlangen«, antwortete Boohoo. »Die schlimmsten Tiere leben in der Dunkelheit. Nun, erstens: Du musst dich nach Stellen umsehen, die mit Blättern zugedeckt sind. Zweitens: Tritt nie darauf. Das sind … Wie heißt das noch einmal?« Dic-Dic flüsterte: »Wird der Jäger bald kommen?« »Vermutlich. Was hast du gesagt, Kifaru? Oh – das ist aber besorgniserregend. Er sagt, gegen Mittag, Dic-Dic. Das zeigt wirklich, wie sorgfältig du in Bezug auf Fallen sein musst. Drittens …« »Boohoo, ich will hier heraus. Und zwar jetzt, bevor der Jäger …« Eine fröhliche Stimme unterbrach sie: »Was geht hier vor, Boohoo? Warum zählst du deine Zehen?« »Hm – das ist eins, zwei, drei. Ja, ich weiß. Aber Dic-Dic ist in der Falle. Ich helfe ihr.« »Du hilfst ihr? Wie?« »Nun, schau, ich habe ihr erzählt, wie gefährlich es ist, in Fallen zu geraten. Ich bringe ihr gerade ein paar Regeln bei …« »Das wird ihr aber nicht helfen, hier herauszukommen.«
White, Nilpfed-Geschichten, Bielefeld: CLV, 2009, S. 14-17.