Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saul! Saul! Warum verfolgst du mich? Er aber sagte: Wer bist du, Herr? Der Herr aber sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel auszuschlagen! Da sprach er mit Zittern und Schrecken: Herr, was willst du, daß ich tun soll?
Apostelgeschichte 9,4-6a
Saulus stellt hier zwei Fragen an Jesus, die für eine Bekehrung entscheidend sind. Zuerst die Frage „Wer bist du, Herr?“ und dann „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ Wichtig ist nicht nur, diese beiden Fragen zu stellen, sondern sie auch in der richtigen Reihenfolge zu stellen.
Saulus fragt also zunächst: „Wer bist du Herr?“ Es ist entscheidend zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Wer ist es, der da spricht? Was ist das für ein Gott? Was ist sein Wesen? Diese Frage muss zuerst geklärt werden. Saulus hat es hier mit Jesus zu tun, der sein Schöpfer ist. Er ist der ewige und heilige Gott. Er ist derjenige, der auf die Erde kam und für die Sünden aller Menschen gestorben und anschließend auferstanden ist.
Saulus glaubte an Gott und er war der Meinung, dass er Gott einen Dienst erwies, indem er die Christen verfolgte. Doch nun musste er erkennen, dass er Gott keinen Dienst erwies, sondern ihn verfolgte. Er erkannte hier nun, dass er ein völlig falsches Gottesbild hatte. Er hatte Jesus bisher völlig verkannt. Er meinte eine Irrlehre zu bekämpfen, dabei bekämpfte er die wahre Lehre. Die Frage „Wer bist du Herr?“ führte ihn nun zu der Erkenntnis, wer Jesus in Wirklichkeit ist. Er ist der Sohn Gottes, der eine Gott, der alle Macht hat und Herr über alle ist. Dieser Erkenntnis veränderte Saulus Leben vollständig. Die erste Frage ist Voraussetzung für die zweite Frage, da sie diese entscheidend beeinflusst. Entsprechend der Gotteserkenntnis ist der Gottesdienst. Dies wird bei Saulus deutlich. Er meinte, dass Jesus ein Gotteslästerer war und zurecht von den Juden getötet wurde, deshalb verfolgte er die Christen und warf sie ins Gefängnis. Dabei meinte er, dass er damit Gott dient. Er war ein Eiferer für Gott (Apg. 22,3). In Wahrheit kämpfte er aber gegen Gott. Seine Gottesvorstellung hat seinen Gottesdienst also nachhaltig beeinflusst.
Ein anderes Beispiel: Jemand spricht über Gott als seinen Kumpel. Entsprechend wird er mit Gott umgehen und von ihm denken. Ein Kumpel kann an der ein oder anderen Stelle auch mal ein Auge zudrücken und außerdem begegnet man einem Kumpel auf Augenhöhe.
Tozer bemerkt in seinem Buch „Das Wesen Gottes“ treffend:
Wo in einer Religion verdrehte Ansichten über Gott auftreten, führen sie bald zu deren Niedergang. Die lange Geschichte Israels zeigt dies deutlich genug, und auch die Geschichte der Gemeinde Jesu beweist es. Eine erhabene Gottesvorstellung ist für die Gemeinde unbedingt notwendig; sinkt dieses Gottesbild auch nur ein wenig ab, so hat dies unweigerlich negative Auswirkungen auf den Gottesdienst und die sittlichen Maßstäbe der Gemeinde. Der erste Schritt einer Gemeinde auf dem Weg nach unten ist immer dann getan, wenn sie ihre hohe Gottesvorstellung aufgibt. Dem Niedergang einer christlichen Gemeinde geht in der Regel eine Aufweichung der theologischen Grundlagen voraus. Auf die Frage: »Wie ist Gott?« gibt sie eine falsche Antwort, und hieraus folgen alle weiteren Schritte. Auch wenn sie noch an ihrem theoretischen Glaubensbekenntnis festhält, so wird dies doch nicht mehr in die Praxis umgesetzt. Die Anhänger dieser Gemeinden machen Sich so ein Bild von Gott, das nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hat, und das bedeutet Irrlehre der heimtückischsten und tödlichsten Art.
Tozer, Das Wesen Gottes: Eigenschaften Gottes und ihre Bedeutung für das Glaubensleben, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 1996, S. 13-14.
Die Frage „Wer bist du Herr?“ sollte also nicht nur bei oder vor der Bekehrung gestellt werden, sondern den Christen dauerhaft begleiten.
Anschließend fragt Saulus: „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ Diese Frage ist genauso wichtig wie die erste, die Reihenfolge muss allerdings beachtet werden. Saulus war klar, dass diese Begegnung mit Jesus Auswirkungen auf sein Handeln haben würde. Er erkannte, dass Jesus der Herr ist und dies bedeutete für ihn, dass er sich unter diesen Herren beugt. Sein Leben veränderte sich radikal. Von einem Christusverfolger wurde er zu einem Christusnachfolger. Er wurde zum Apostel, der den Heiden das Evangelium verkündigte und damit Jesus groß machte. Die Liebe Jesu hatte ihn ergriffen und zu einem anderen Menschen gemacht.
Auch die zweite Frage gehört nicht nur an den Anfang des Christenlebens, sondern sollte immer wieder neu gestellt werden: „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“