Zum Schluss seiner Ausführungen über die grundlegenden Konzepte der Gegenwartskultur, stellt Trueman die sogenannten „Todeswerke“ vor. Dieser Begriff wurde von Philip Rieff geprägt und beschreibt einen Angriff auf das, was der zweiten Welt wichtig und heilig ist. Der Angriff geschieht, indem moralische Werte und heilige Ordnungen mithilfe der Kunst, Satire, Spott und Verachtung entwertet werden. Mit diesen Maßnahmen soll den etablierten Ordnungen der Todesstoß versetzt werden. Todeswerke können Kunstobjekte sein, Filme, Theaterstücke, Gedichte, aber auch Pornographie oder Abtreibung.
Ein ganz aktuelles Beispiel für ein Todeswerk ist die Aufführung des „letzten Abendmahls“ bei den Olympischen Spielen in Paris. Dieses Ereignis hat viele Christen schockiert, und das zurecht. Der christliche Glaube und das was den Christen heilig ist, wurde damit durch den Dreck gezogen. Jesus.de zitiert die französische Bischofskonferenz, die von einer «Verhöhnung und Verspottung des Christentums» sprach.
Todeswerke haben einen großen Einfluss auf das soziale Vorstellungsschema. Sie prägen, ohne das die Menschen es häufig merken, einen neuen „Geschmack“ und zwar den der dritten Welt, in der es keine heiligen Ordnungen mehr gibt. Dementsprechend gelassen nehmen Menschen dritter Welten Todeswerke auf, sehen diese als völlig normal an und feiern sie sogar.
Trueman ist der Überzeugung, dass Pornographie wahrscheinlich das einflussreichste Todeswerke der Gegenwart ist. Zunächst definiert er Pornographie anhand des „Katechismus der Katholischen Kirche“:
Pornographie besteht darin, tatsächliche oder vorgetäuschte geschlechtliche Akte vorsätzlich aus der Intimität der Partner herauszunehmen, um sie Dritten vorzuzeigen. Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt, die intime Hingabe eines Gatten an den anderen, entstellt. Sie verletzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer: diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits. Pornographie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung. Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern.
Trueman, Der Siegeszug des modernen Selbst, 2. Aufl. Bad Oeynhausen: Verbum Medien, 2022, S.113.
Anschließend erklärt er, welche Aspekte Pornographie zu einem Todeswerk machen:
Diese Definition stellt den Aspekt des Todeswerks von Pornographie unzweideutig heraus. Sie ist ein Kulturprodukt, das menschliche sexuelle Aktivität von jeglichem moralischen Inhalt löst. Wir könnten noch hinzufügen, dass ihr ebenfalls der größere erzählerische oder historische Kontext genommen wird. Sex wird in der Pornographie als Selbstzweck dargestellt. Doch in den zweiten Welten hat die Sexualität auch eine heilige Bedeutung. Sie ist Teil einer Beziehung und einer persönlichen Geschichte. Sie verbindet (durch ihren Zusammenhang mit der Fortpflanzung) die Vergangenheit mit der Zukunft und stellt damit eine notwendige Voraussetzung für Kultur dar. Im christlichen Denken wird sie sogar zu einer Analogie für die Beziehung zwischen Christus und seiner Kirche. Daher kann man Pornographie genauso wie Piss Christ als blasphemisch bezeichnen. Sie entweiht das Heilige und tritt geistliche Autorität mit Füßen. Auf den Punkt gebracht: Das Hauptproblem der Pornographie ist nicht das, was viele gläubige Konservative darunter verstehen – dass sie Lüsternheit fördert und ihre Beteiligten zu Objekten werden, Beides stimmt. Gleichwohl liegt das Problem viel tiefer: Pornographie stellt sich gegen jede Vorstellung, dass Sex eine tiefere Bedeutung hat, die über den Akt selbst hinausgeht und daher Sinnbild einer heiligen Ordnung ist.
Trueman, Der Siegeszug des modernen Selbst, 2. Aufl. Bad Oeynhausen: Verbum Medien, 2022, S.113-114.
Todeswerke sind also keine gänzlich neue Erscheinung, sondern seit vielen Jahren in der ein oder anderen Form präsent. Das Ziel dieser Werke ist es, die Werte und heiligen Ordnungen zu zerstören, also zu Tode zu bringen. Gott wird in diesen Werken gelästert und das Heilige den Schweinen vorgeworfen. Typisch für sie ist, dass sie zwar zerstören, aber keinen Ersatz zu bieten haben. Sie lassen die Menschen ohne ein Fundament und Wertesystem zurück und führen sie in die Leere und Sinnlosigkeit.