Es kam, wie es kommen musste. Der Westen hat sich auf das Experiment der Säkularisierung des Christentums eingelassen. Wie Johnny Cash einmal sang: „Sie sagen, sie wollen das Reich. Aber sie wollen Gott nicht darin.“ Um das Königreich ohne den König zu bekommen, mussten wir die Person Jesus Christus entthronen und durch abstrakte Werte ersetzen. Das Problem ist: Personen können mir vergeben, Werte nicht. Werte können mich nur verurteilen. Diese Werte waren in den zwei Jahrtausenden des christlichen Glaubens nie das Höchste. Die christliche Moral war immer die Moral von einer Geschichte. Aber heute haben wir im Westen die Geschichte abgeschafft, den Helden anonymisiert und nur die Moral behalten – und jetzt wundern wir uns, warum unsere Kultur unter Millionen von hasserfüllten Anklagen zerbricht. Das Königreich ohne den König ist kein Ort der Befreiung, sondern ein Ort des Gerichts. Und in unseren demokratischen Republiken sind wir alle die Richter – und alle die Angeklagten. Wir brauchen so dringend etwas, das mehr ist als Werte – wir brauchen jemanden, der mehr ist. Wir brauchen eine Person, die nicht nur das Beste von uns erwartet, sondern uns auch das Schlimmste vergibt.
Scrivener, Wie die Luft die wir atmen: Warum wir alle an Freiheit, Menschenwürde und Gleichheit glauben, Dillenburg: CV, 2023, S. 220-221.