Apostelgeschichte 17,22-23
Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sprach: Ihr M
änner von Athen, ich sehe, daß ihr in allem sehr auf die Verehrung von Gottheiten bedacht seid! Denn als ich umherging und eure Heiligtümer besichtigte, fand ich auch einen Altar, auf dem geschrieben stand: »Dem unbekannten Gott«. Nun verkündige ich euch den, welchen ihr verehrt, ohne ihn zu kennen.
Die Predigt des Paulus auf dem Areopag ist in der Apostelgeschichte besonders. Sie unterscheidet sich in mehreren Punkten von den anderen Predigten, die in der Apostelgeschichte niedergeschrieben wurden. Erstens ist die Zuhörerschaft hier eine rein heidnische, im Gegensatz zu den zahlreichen Orten an denen Paulus ein vorwiegend jüdisches Auditorium hatte. Dementsprechend muss Paulus zweitens den Gott zunächst vorstellen, der Himmel und Erde geschaffen hat. Drittens findet sich in seiner Rede kein Zitat aus dem AT, dafür aber von den griechischen Dichtern Epimenides und Aratus. Außerdem fällt viertens auf, dass Paulus einen Anknüpfungspunkt sucht, indem er auf den „unbekannten Gott“ hinweist.
Paulus geht in seiner Predigt auf die drei wesentlichen Punkte des Evangeliums ein. Als erstes spricht er über die Schöpfung. Er stellt ihnen den Gott vor, der Himmel und Erde gemacht hat und alles, was darin ist (V. 24). Er legt weiter dar, dass Gott unabhängig ist und die Dienste der Menschen nicht benötigt. Die Menschen hingegen sind abhängig von ihm, da er ihnen das Leben gibt (V. 25). Weiter führt er aus, dass Gott einen Menschen schuf und alle anderen Menschen von ihm abstammen (V. 26). Schließlich erwähnt er noch, dass die Menschen nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden (V. 27-28). Auffallend ist, dass der Apostel hier die griechische Mythologie in Frage stellt. In der Vorstellung der Griechen entstand die Welt und was darauf ist, durch unterschiedliche Götter. Sie waren den Menschen grundsätzlich überlegen, benutzten sie allerdings dafür, um ihre Macht zu festigen, ihre Wünsche zu erfüllen oder den Lauf der Ereignisse zu beeinflussen. Sie benötigten also die Menschen, für ihre eigenen Ziele. Dabei erschuf der Titan Prometheus gemäß der griechischen Mythologie die Menschen, indem er zu Beginn gleich mehrere Menschen formte. Die Entstehung der Welt, so wie sie der Apostel schildert, unterscheidet sich grundlegend von den Vorstellungen der Griechen.
Der Apostel legt also zunächst die Grundlage, indem er etwas ausführlicher auf die Schöpfung eingeht. Den zweiten und dritten Punkt des Evangeliums streift er allerdings nur kurz. Es kann sein, dass Paulus noch ausführlicher darauf eingehen wollte, aber von den Zuhörern unterbrochen wurde, nachdem sie von der Auferstehung gehört hatten. Der zweite Punkt ist der Sündenfall. Gott gebietet allen Menschen Buße zu tun, d.h. umzukehren (V. 30). Umkehr ist notwendig, weil die Menschen sich von Gott abgewandt haben. Paulus spricht von einer Zeit der Unwissenheit, in der die Menschen lebten. Sie kannten Gott nicht und ehrten ihn nicht, nun sollen sie aber umkehren und Buße tun. Damit spielt Paulus auf den Sündenfall und die daraus folgende Sündhaftigkeit des Menschen an.
Der dritte Punkt des Evangeliums ist die Erlösung bzw. Wiederherstellung. Auch dies deutet Paulus hier nur an, indem er auf die Buße hinweist. Die Möglichkeit der Buße setzt voraus, dass Menschen ihre Beziehung zu Gott wieder in Ordnung bringen können. Wenn Gott den Menschen gebietet, Buße zu tun, dann gibt es die Möglichkeit der Vergebung. In Vers 31 setzt Paulus dann dazu an, Jesus Christus vorzustellen. Es kann, wie oben schon erwähnt, sein, dass Paulus hier weiter über Jesus und sein Werk sprechen wollte, doch das Thema der Auferstehung war manchen Zeitgenossen dann doch etwas zu abwegig und sie hatten genug.
Der Apostel geht in seiner Rede auf dem Areopag also zunächst ausführlicher auf die Schöpfung ein, erwähnt indirekt den Sündenfall und setzt schließlich zur Ausführung der Erlösung in Jesus Christus an. Schöpfung, Erlösung und Sündenfall sind die drei wesentlichen Teile des Evangeliums. Man könnte sie auch als den Dreiklang des Evangeliums bezeichnen. Die Geschichte der Bibel ist genau nach diesem Schema aufgebaut. In den ersten zwei Kapiteln wird die Schöpfung beschrieben und an vielen Stellen in der Bibel darauf zurückgegriffen. Die Lehre der Schöpfung ist grundlegend, da sie offenbart, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist. Weiter macht sie deutlich, dass wir Menschen von Gott abhängig und kein Produkt des Zufalls sind. Sie kündet außerdem davon, dass am Anfang alles sehr gut war und die Menschen in einer perfekten Umgebung lebten. Gott schuf sie dabei nicht einfach auf einer Stufe mit den Tieren, sondern als Krone der Schöpfung und Wesen, mit denen er in eine besondere Beziehung trat. Wie jede gute Geschichte beginnt die große Erzählung der Bibel also mit dem Urzustand, der sehr gut war.
In Kapitel drei der Genesis folgt dann der Sündenfall, bei dem es zum Bruch kommt. Der Lauf der Geschichte verändert sich maßgeblich und der Einfluss auf die Menschheit und Natur ist immens. Adam und Eva müssen den Garten Eden verlassen, es ist vorbei mit dem Paradies auf Erden. Der Tod, das Leid, die Schwierigkeiten und Kämpfe ziehen ein. Vieles ist nicht mehr so, wie es vorher war. Die Geschichte der Menschheit ist ab diesem Zeitpunkt von Sünde durchdrungen und genau das zieht sich wie ein roter Faden durch das AT durch. Kapitel 4 der Genesis beginnt direkt mit einem Brudermord, es geht mit Noah und der Sintflut weiter, es folgt der Turmbau zu Babel und schließlich die Geschichte des Volkes Israel. Auch die Geschichte des Volkes ist tief davon geprägt, dass die Menschen durch und durch sündig sind und Erlösung brauchen. Gott gibt seinem Volk die zehn Gebote und diese zeigen, wie durch ein Brennglas konzentriert noch deutlicher die Verlorenheit der Menschen. Niemand ist in der Lage Gottes Gebote vollkommen zu halten, jeder Mensch hat sie gebrochen. Das Volk Israel sehnt sich nach einem Erlöser, nach jemandem der sie aus dieser gewaltigen Misere herausführen kann. Vielleicht ist es ja Mose? Oder die Richter? Ist es einer der Könige? Und was ist mit den Propheten?
Dabei ist das AT voll von Hinweisen auf einen Erlöser, der kommen soll. Bereits im dritten Kapitel der Genesis findet sich das sogenannte Protoevangelium, in dem Gott den Menschen einen Nachkommen verheißt, der der Schlange den Kopf zertreten wird. Im Verlauf des ATs folgen viele weitere Verheißungen, die den Menschen die Natur des Erlösers offenbaren. Und dann ist es endlich soweit und Jesus Christus kommt auf diese Erde, ist Gott und Mensch zugleich und löst tatsächlich das größte Problem, was die Menschen überhaupt haben, nämlich die Sünde. Grob zusammengefasst kann man sagen, dass das gesamte NT den Erlöser vorstellt und sein Leben und seine Auswirkung auf die gesamte Menschheit beschreibt. Jesus stellt das wieder her, was durch den Sündenfall zu Bruch gegangen ist. Diese Wiederherstellung beginnt auf der Erde und kommt dann in der neuen Welt zur Vollendung. In Jesus können Menschen wieder in Gemeinschaft mit Gott treten. In Jesus Christus erhalten Menschen die Vergebung ihrer Sünden und werden zu neuen Menschen gemacht. In Jesus Christus können Beziehungen zu anderen Menschen wiederhergestellt und geheilt werden. In der neuen Welt wird die Wiederherstellung dann vollständig sein, wenn wir einen neuen, vollkommenen Körper erhalten, frei von Sünde und Leid sein werden und in einer ungetrübten und vollkommenen Beziehung mit Jesus leben dürfen. Die zerbrochenen Stücke unseres Lebens werden wieder zu einem Ganzen zusammengefügt. Es ist eine Rückkehr in den Garten Eden. Der Ursprungszustand wird wiederhergestellt.
Die Bibel ist also letztlich eine große Geschichte, die mit der Schöpfung des Menschen beginnt, den Sündenfall mit all seinen Folgen schildert und schließlich mit der Erlösung und Wiederherstellung endet. Das ist der Dreiklang des Evangeliums.