Apostelgeschichte 15,24
Da wir gehört haben, daß etliche, die von uns ausgegangen sind, euch durch Reden verwirrt und eure Seelen unsicher gemacht haben, indem sie sagen, man müsse sich beschneiden lassen und das Gesetz halten, ohne daß wir sie dazu beauftragt hätten,
Nach dem Beschluss des Konzils von Jerusalem wurden Paulus und Barnabas mit Judas und Silas nach Antiochia zurückgeschickt, das überbrachte Schreiben enthielt dabei die oben zitierten Worte. Es handelt sich hier um die Judaisten, deren Haltung bereits in V. 1 und 5 des 15. Kapitels deutlich wird und auch hier klar benannt wird: „ indem sie sagen, man müsse sich beschneiden lassen und das Gesetz halten“. Die von den Judaisten verbreitete Lehre wirkte sich negativ auf die Gemeinde in Antiochien aus. Sie waren verwirrt und unsicher.
Die Christen in Antiochia waren aufgrund des Evangeliums gläubig geworden. Sie hatten die Botschaft von Jesus gehört, der für die Sünden aller Menschen gestorben war und der allen vergab, die an ihn glaubten. In Apg. 16,31 fasst Paulus dies in der Aussage zusammen: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden“. Der Glaube an Jesus war entscheidend und war die einzige Voraussetzung für die Errettung. Durch das Evangelium hatten die Christen in Antiochia endlich ein tragfähiges Fundament in ihrem Leben. Sie waren dem begegnet, der ihre Schuld wegnahm und wahre Erfüllung schenkte. Zuvor hatte ihnen dieser feste Grund gefehlt.
Durch die Lehren der Judaisten wurde den Christen dieser Boden wieder unter den Füßen weggezogen. Ihre Seelen wurden verunsichert, sie waren sich nicht mehr sicher ob der Glaube allein genügte. Die Judaisten sprachen von der Beschneidung und vom Gesetz und stellten sie als Voraussetzung für die Errettung hin. Sie waren verwirrt. Was war nun wahr? Hatten Paulus und Barnabas Recht oder sollten sie den Judaisten folgen? An die Galater schreibt Paulus in 3,1:
O ihr unverständigen Galater, wer hat euch verzaubert, daß ihr der Wahrheit nicht gehorcht, euch, denen Jesus Christus als unter euch gekreuzigt vor die Augen gemalt worden ist?
Das ist das Ergebnis, wenn in der Gemeinde Menschenlehren verbreitet werden. Die Christen werden verwirrt und im Glauben unsicher. In der Bibel lesen sie das eine, aber es wird ihnen eine Lehre verkündigt, die über die Schrift hinausgeht. Diese Lehrer verlangen von ihnen mehr, als das Wort Gottes es tut. Das Ergebnis ist nicht etwa ein fester Stand im Glauben, sondern ganz im Gegenteil ein schlüpfriger Boden. Es mag ja ein guter Gedanke sein, Christen vor Gefahren und Sünde schützen zu wollen und sie dadurch noch fester zu machen. Dieser Text zeigt allerdings, dass dem nicht so ist. Die Christen werden unsicher und verlieren den festen Halt, den sie alleine in Christus und seinem Wort haben. Die Lehren von Menschen, und seien sie noch so gut gemeint, sind einfach nicht geeignet, Christen fest zu machen.
Nur das Wort Gottes gibt festen Halt, deshalb ist die Verkündigung des Wortes und nur des Wortes von großer Bedeutung. Dadurch werden Christen gefestigt und wachsen zu Christus hin. Das Wort Gottes genügt, um Christen zu jedem guten Werk zu befähigen (2. Tim. 3,17). In der Theologie spricht man hier von der Genugsamkeit der Schrift.
Grudem definiert in seiner biblischen Dogmatik die Genugsamkeit wie folgt:
Wir können die Genugsamkeit der Schrift wie folgt definieren: Die Genugsamkeit der Schrift bedeutet, dass die Bibel alle Worte Gottes enthält, von denen er wollte, dass sein Volk sie in jedem Stadium der Heilsgeschichte haben sollte, und dass sie jetzt alle Worte Gottes enthält, die wir zur Errettung, zum völligen Vertrauen auf Gott und zum völligen Gehorsam ihm gegenüber benötigen.
Diese Definition betont, dass wir allein in der Heiligen Schrift nach Gottes Worten an uns suchen müssen. Sie erinnert uns auch daran, dass Gott das, was er uns in der Bibel mitgeteilt hat, für uns als genug betrachtet und dass wir uns über die große Offenbarung freuen sollten, die er uns gegeben hat, und damit zufrieden sein sollten.
Wayne Grudem, Biblische Dogmatik: Eine Einführung in die Systematische Theologie, trans. Volker Jordan, Bd. 29, Theologisches Lehr- und Studienmaterial des Martin Bucer Seminars (Bonn; Hamburg: VKW; arche-medien, 2013), 139.
Siehe dazu auch die Artikel Fester Boden unter den Füßen und Die Bedeutung des Evangeliums für Christen (2/2).